Bedürfnisse & Bedürftigkeit
Was sind Bedürfnisse und was ist Bedürftigkeit?
Es gibt gesunde und ungesunde Bedürfnisse, wie kann ich das wahrnehmen?
Wie lebt Bedürftigkeit in mir, gestehe ich mir diese überhaupt ein?
Ein Bedürfnis zu haben ist normal.
Wir haben ständig den ganzen Tag über irgendwelche Bedürfnisse und gehen diesen mehr und weniger auch ständig nach.
Bedürfnis nach Essen, Trinken, Schlaf, Kontakt, sich mitteilen, sich zurückziehen, Sexualität, Internet….
Was ist daran gesund und was ist daran auf emotionale Wunden basierend, also ungesund?
Wo ist da der Unterschied und wie merke ich den?
Und Bedürftigkeit?
Da wirds schon unangenehmer.
Wer will schon bedürftig sein? Darin schwingt immer Armut, etwas Brauchen, Abhängigkeit mit. Es steckt Abwertung darin.
Im Familienrecht ist ein Bedürftiger ein Mensch, der aus eigener Kraft nicht für seinen Unterhalt sorgen kann.
Im emotionalen Bereich könnte es bedeuten, daß ich mir emotional nicht das geben kann, was ich brauche, also brauche ich es von außen, von anderen, und das macht mich klein und abhängig. Ich kann mich selbst nicht lieben, also brauche ich es, geliebt zu werden.
Das gesteht man sich nicht so gerne ein. Wir bauen schon als kleines Kind Strategien auf, die dazu dienen, unsere Bedürftigkeit nicht fühlen zu müssen. Im Laufe der Zeit merken wir diese kaum noch. Wir finden Ersatz für emotionale Nahrung, jeder auf seine eigene Art, und das schafft neue Bedürftigkeiten.
Wir brauchen sowieso immer Liebe. Als Ersatz dafür tun wir alles, um Ansehen, Anerkennung, Aufmerksamkeit zu bekommen. Wie wir das mehr und weniger auch erreichen, bildet sich früh mit unserem strategischen Selbst, je nach Seele und Persönlichkeit.Und wie könnten wir nicht bedürftig sein, nachdem wir unsere Kindheit überlebt haben, ohne besonders viel emotionale Nahrung in unseren Familien bekommen zu haben?
Als Baby sind wir 100 Prozent Gefühl. Wir sind Gefühl, voll und ganz.
Da wir leider bei unseren Eltern so nicht ausreichend landen konnten, weil diese durch ihre Erfahrungen mit ihren Eltern auch nicht landen konnten und sich deshalb nach und nach Strategien angeeignet haben, durchs Leben zu kommen, machen wir nicht die Erfahrung von emotionalem Genährtsein.
Emotional genährt zu werden bedeutet, daß ein Kind das Gefühl hat, daß seine Eltern es so fühlen, wie es sich gerade fühlt, und das ständig.
Es ist ja zu Anfang nur Gefühl. Die Herzen unserer Eltern sind aber verständlicherweise wie in Folie verpackt, und so sind sie nicht mehr in der Lage, Emotionen so zu fühlen, wie das Baby es tut. Es prallt ab.
Das Kind fühlt sich nicht gefühlt, während es sich fühlt, und so kommt die Emotion Schmerz. Schmerz darüber, nicht landen zu können. Es tut weh, am verschlossenen Herzen der Eltern abzuprallen, immer wieder.
Danach kommt die Emotion Angst. Angst ist die Beführchtung, daß es in Zukunft wieder zu Schmerz kommen kann.
Dann kommt die Wut, der unvermeidbare Ausdruck von unverdautem Schmerz und tiefer Angst.
Dann kommt Kontrolle als strategische Grundlage, um Anerkennung und Liebe von den Eltern zu verstärken und Ablehnung zu verringern.
Dann kommt Depression, weil wir fühlen, daß durch unser strategisches Sein nicht genug emotionale Nähe mehr entstehen kann.
Scham hat ihre eigene Energie des Leidens und ist verbunden mit der Stimme der Selbstkritik.
Da wir uns also nicht so von unseren Eltern gefühlt gefühlt haben, wie wir es gebraucht hätten, damit unser authentisches Herz wachsen und gedeihen hätte können, mußten wir Wege, Strategien finden, Anerkennung, Liebe und so weiter zu bekommen.
Unser strategisches Selbst entstand, mit seinen Bedürfnissen, Ausdrücken, Persönlichkeiten.
Und das sind wir, wie wir heute sind.
Wir sind ständig damit beschäftigt, wie wir unsere Bedürfnisse befriedigen können. Alles, was wir dafür tun, kommt uns normal vor, weil alle das tun. Und das wird genährt von der Industrie, von der Gesellschaft, von Religionen, Anschauungen… Durch die Medien bekommen wir ständig suggeriert, was wir vermeintlich brauchen, um ein „gutes” Leben zu führen. Das ist so ein abgehobener Wahnsinn mittlerweile.
Uns werden Bedürftigkeiten und Bedürfnisse und deren vermeintliche Befriedigungen suggeriert, sodaß wir nicht mehr fühlen können, daß uns das nicht wirklich emotional nährt und daß wir eigentlich immer zuerst emotionale Nahrung brauchen, und dann alles weitere.
Emotionale Nahrung ist das, was unser Herz erreicht und zum Blühen bringt.
Wir brauchen andere Menschen, um uns fühlen zu können, um dann mit dieser Erfahrung selbst immer mehr an den inneren Platz zu kommen, von dem aus wir uns dann wieder selbst fühlen können wie wir uns fühlen, während wir uns fühlen.
Wir brauchen Herzensnahrung.
Ich zitiere Daniel Stace Barron:
„Die unbefriedigten Bedürfnisse aus der abhängigen Kinderzeit müssen sich beim Erwachsenen unweigerlich als koabhängige Projektionen niederschlagen.”
„Für das natürliche Herz unserer authentischen Person ist es notwendig und unverzichtbar, daß den eigenen gesunden Bedürfnissen auf nicht-narzistische Weise gedient wird. Dies sättigt das Selbst so tief, daß es daraufhin dann, aus Gesundheit heraus, den Bedürfnissen anderer dienen kann.”
„Sogar über unsere Zellen im physischen Körper kann man sagen, daß sie sich ihrer Bedürfnisse bewußt genug sind, um Nährstoffe aufnehmen und ihre Aufgaben erfüllen zu können.”