Patriarchat
Aus dem Gefühl heraus, minderwertig zu sein, ist die Selbstverständlichkeit geboren, sich zu nehmen, was Ihr wollt. Es ist zu einer latenten Normalität geworden, dass Ihr Eure körperliche Überlegenheit einsetzt, um eine scheinbare, fragile Machtposition zu besetzen.
Der Erste zu sein, der Stärkste zu sein, der Reichste zu sein, der Potenteste zu sein, der Schlauste, der Mächtigste… Wir Frauen haben im Laufe der Jahrtausende gelernt, dass wir körperlich zwar unterlegen sind, aber nutzen unsere Schlupflöcher, um uns in der Welt zu positionieren. Entweder geschickt durch euch, ohne Euer Wissen, oder ohne Euch und dennoch in Angst lebend.
Wir sollen nach Eurer Ansicht nach hinnehmen… dabei stillschweigend, anmutig, immer reizvoll und demütig. Hinnehmen… welches Recht der Welt besitzt Ihr, um Euch auf eine Position zu setzen, so etwas bestimmen zu können? Ihr nehmt, Ihr erwartet, Ihr verletzt, Ihr tötet, Ihr ängstigt, Ihr demütigt, Ihr erpresst… mit einer Genugtuung, die im extremen Gegensatz dazu steht, wie Ihr selbst behandelt werden wollt, oder es akzeptieren würdet.
Auf Grund gekränktem Stolzes wurden Kriege geführt. Kriege!! Und kränkt selbst unaufhörlich den Stolz der Frauen! Hat das jemals einen Krieg ausgelöst? Nein, denn es ist Eure unangebrachte Selbstverständlichkeit.
Die Selbstverständlichkeit, die Ihr euch selbst zugewiesen habt, um nicht zu fühlen, wie viel Zweifel, Schmerz, Einsamkeit, Opfertum und Minderwertigkeit in euch steckt. Um genannte Minderwertigkeit zu überlagern, schändet ihr Körper und Seelen. Ihr stecht mit Gewalt in den Schoß einer Frau! Wie Ihr dadurch Eure eigene Schwäche darlegt, ist Euch nicht bewusst.
Das ist für mich das widerlichste Verbrechen an der Weiblichkeit!
Weil Ihr nicht in der Lage seid, euch selbst auszuhalten oder überhaupt zu halten, muss der zarte Frauenleib zerstochen und zerrissen werden.
Was für ein Hohn und himmelsschreiender Widerspruch. Denn, was Ihr eigentlich ersehnt, ist Liebe und Wärme von Mama – Schoß, Geborgenheit, Wärme.
Und genau das zerstört Ihr bei Anderen als Synonym für Eure eigenen, unzähligen Mängel.
Dann besteht in Euch die selbstgefällige Erwartung, dass Euch aus diesem Schoß ein Kind geschenkt wird, welches Euch lieben, (ver)ehren und achten soll! Achten… Achet Ihr die Mutter, die erste geschändet und dann unter Schmerzen Eurem Kind das Leben geschenkt habt? Das ist keine Achtung. Das ist Selbstverherrlichung in höchstem Maße. Und es wird etwas erwartet und gefordert, was Ihr mit Genugtuung anderen verwehrt… Wozu Ihr selbst nicht in der Lage seid.
Patriarchat fußt auf Gewalt, obwohl Ihr das Gegenteil ersehnt. Euch werden täglich dafür liebevoll die Hände entgegengestreckt. Aber sie ergreifen müsst Ihr selbst.
© Text von Anna Sperveslage, 24.03.2022